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  • AutorenbildSibylle Steidl

Waldtherapie gegen Burnout

Aktualisiert: 19. Apr. 2020

Jeder, der gerne im Wald spazieren geht, kennt das nur allzu gut: Der graue Alltag fliegt während des Gehens von einem ab, es fühlt sich einfach gut an durch das Blätterdach zu wandern, dabei die würzige Luft einzuatmen und sich im Rhythmus der Schritte zu wiegen. 

Was eigentlich eine Binsenweisheit ist, wurde mittlerweile auch wissenschaftlich erforscht und mit Fakten untermauert: Der Wald hält gesund, belebt und heilt. Die amerikanische Wissenschaftlerin Mary Carol R. Hunter von der University Of Michigan und ihr Team haben in einer jüngst veröffentlichten Studie herausgefunden, dass nach einem nur 20 Minuten andauernden Waldspaziergang das körpereigene Stresshormon Cortisol signifikant gesenkt wird. Das bedeutet im Klartext: Wer regelmäßig im Wald spazieren geht bleibt ruhig und ausgeglichen – auch in schwierigen Lebenssituationen. Dies wiederum wirkt sich auf Blutdruck, Herz und Kreislauf, auf die Verdauung, die Schlafqualität, das Konzentrationsvermögen und die persönliche Stimmung äußerst wohltuend aus.

Cortisol bewirkt zusammen mit anderen Stresshormonen wie Adrenalin und Noradrenalin, dass der Körper unter Stress kurzfristig zu Höchstleistungen auflaufen kann. Evolutionär gesehen ist Stress eine Reaktion auf eine – oft durchaus vermeintliche – Gefahr. Um dieser zu entkommen, schaltet unser Gehirn auf „schnell davonlaufen“ oder „kämpfen“. Dies funktioniert automatisch – ohne, dass darüber auch nur eine Sekunde nachgedacht wird. Der körpereigene Drogencocktail bestehend aus Cortisol und anderen Stresshormonen sorgt darüber hinaus dafür, dass wir schneller reagieren und laufen können, uns stark fühlen, weder Schmerz noch Hunger spüren.

Das Pendel schlägt jedoch in die andere Richtung aus, wenn man dieser körpereigenen hormonellen Giftmischung langfristig ausgesetzt ist; mit anderen Worten unter Dauerstress steht. Es beginnt mit Schlafproblemen, die ihrerseits dazu führen, dass man noch mehr Stresshormone ausschüttet, und die der Beginn eines Teufelskreislaufes sind. Die Folgen können Körper und Seele massiv verletzen. Dazu zählen etwa: Herz- und Kreislaufprobleme, Bluthochdruck, Verspannungen, Schädigungen des Bewegungsapparates, Verdauungsschwierigkeiten und Schmerzen. Zu den psychischen Beeinträchtigungen zählen Konzentrations- und Gedächtnisschwierigkeiten, Ängste, Depressionen und Burnout.

Um dieser Abwärtsspirale zu entkommen hilft ein simpler täglicher Waldspaziergang. In Japan wurde aus diesem Grund der Begriff des „Waldbadens“ für die geplagten japanischen Großstädter ins Leben gerufen. In mittlerweile fünf Waldrehabilitationszentren lernen die Japaner zwischen Bäumen wieder Müßiggang zu üben, bewusst durchzuatmen, zur Ruhe zu kommen, die Langsamkeit zu entdecken. Unter der Federführung des japanischen Forschers, Universitätsprofessors und stellvertretenden Direktors des Zentrums für Umwelt, Gesundheit und Feldforschung an der Universität Chiba Yoshifumi Miyazaki wird das medizinisch überprüfte Verweilen im Wald als Therapie ärztlich verordnet. Mehr als fünf Millionen Japaner genossen mittlerweile die erfrischende Luft unter dem Blätterdach. 

Dabei ist die heilende und regenerierende Wirkung der Natur im Allgemeinen und die von Bäumen im Speziellen nichts Neues. Schon unsere Vorfahren wussten um die Kraft der Bäume bescheid – nicht umsonst hatte jeder Ort seinen Dorfbaum, um den herum man sich traf und versammelte, und auch Mythen und Märchen spielt der Wald oft eine entscheidende Rolle. Bereits in den 70er Jahren erforschte der Evolutionsbiologe Edward O. Wilson in seinem Werk „Biophilia“ die heilsame Wechselwirkung zwischen Mensch und Natur. Er war der Überzeugung, dass das Wesen der Natur die Lebendigkeit ist – und konstantiert den Menschen deshalb ebenfalls eine innwohnende natürliche „Liebe zu allem Ledendigen“. Quod erat demonstrandum. 



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